1.6.1 Der enge gesetzliche Rahmen

In der Bundesrepublik Deutschland gab es über viele Jahrzehnte hinweg einen sehr engen gesetzlichen Rahmen für die Spielsysteme von GSG im öffentlichen Raum1.29, der erst mit Beginn des 21. Jahrhunderts deutlich gelockert wurde. Dieser Rahmen legte folgende Eckpunkte fest:

Einsatz
Der Einsatz durfte nicht über einen festgesetzten, relativ geringwertigen Betrag hinausgehen. Bis zur Mitte der Siebziger Jahre waren es 20 Pfennig, danach bis zur Mitte der Achtziger Jahre 30 Pfennig, danach 40 Pfennig.
Spieldauer
Das Spiel an deutschen GSG war ein langsames Spiel. Das Einzelspiel musste bis in die Neunziger Jahre hinein 15 Sekunden dauern, und auch die später möglichen 12 Sekunden waren noch etwas langsam, wenn man sie mit dem »schnellen Zock« einer Slotmaschine vergleicht.
Höchstgewinn
Pro Spiel durfte maximal der zehnfache Einsatz als Gewinn erzielbar sein. Höhere Gewinne waren nicht gestattet. Der für GSG aus anderen Ländern typische Anreiz einer hohen Gewinnmöglichkeit bestand also nicht.
Gewinnverteilung
Es mussten mindestens 60% der Einsätze als Gewinn ausgeschüttet werden, und auf lange Sicht musste im Durchschnitt eines von sechs Spielen ein Gewinnspiel sein. Die letzte Regel sorgte für eine weitere Häufung verhältnismäßig kleiner Gewinne, wurde allerdings später zum Vorteile der GSG-Industrie, die inzwischen mit immer größeren Gewinnballungen lockte, aufgegeben.
Zulassung
Die Geräte wurden nur für einen beschränkten Zeitraum zugelassen, anfangs drei Jahre, im Laufe der Zeit wurde dies auf vier Jahre erhöht. Nach Ablauf dieser Zeit war es nicht mehr erlaubt, die Geräte zum Spielen aufzustellen, sie waren zu Müll geworden. Die Hersteller von GSG waren deshalb oft nicht sehr kreativ und haben immer wieder »neue« Versionen ihrer vorherigen Spielsysteme ohne technische Änderungen, aber in neuem Gerätedesign, auf den Markt gebracht.
Aufstellung
Es gab (und gibt) Regelungen, wie der Aufstellort beschaffen sein muss. In der noch gar nicht so fernen Vergangenheit durften zum Beispiel in einem Raum nicht mehr als drei GSG aufgestellt werden - so dass über Jahre hinweg die Trennwand eines der auffälligsten Mittel zur Innengestaltung einer Spielhalle wurde, damit auch ja möglichst viele von den Geldbringern in den Raum gebracht werden konnten.
Das Spiel war also langsam und hat dem Spieler keinen hohen Gewinn ermöglicht. Der Aufsteller eines GSG musste mit der beschränkten Nutzungsdauer seiner Anschaffung kalkulieren, was für die Hersteller bedeutete, dass der technische Aufwand nicht zu groß werden durfte, um die Geräte preisgünstig zu halten.

Im benachbarten europäischen Ausland war - so GSG dort überhaupt zulässig waren - der gesetzliche Rahmen viel weiter gefasst; die Spielsysteme dort waren nahe bei einer Slotmaschine1.30, in einem schnellen Spiel konnte ein relativ hochwertiger Gewinn erzielt werden. Auf diese Weise konnten die potenziellen Spieler in Deutschland nicht gereizt werden.

Die ursprüngliche Absicht hinter den deutschen Regelungen ist nicht schwierig zu erkennen. Es handelt sich um Suchtprävention. Die Idee, dass sich der Staat aus dem wirtschaftlichen Geschehen heraushält und alles der so genannten »Verantwortung« der Menschen überlässt, war zumindest in Deutschland noch nicht geboren1.31, und deshalb wurde reglementiert. Den möglichen Gefahren durch allgegenwärtige Spielgeräte wurde vom Gesetzgeber begegnet, indem das Spiel langsam gemacht wurde und indem große Gewinnmöglichkeiten unterbunden wurden.

Tatsächlich hätte von den frühesten GSG kaum jemand süchtig werden können. Diese Groschengräber waren ein relativ harmloser Spaß1.32 und dienten vorwiegend zur Aufnahme von Wechselgeld in Gaststätten. Der Spielablauf daran war folgender: Zehn Pfennig einwerfen, das Spielergebnis abwarten, einen eventuellen Gewinn von höchstens einer Mark aus der Auszahlschale entnehmen. Die Beschränkung der Gewinne schaffte weder eine Grundlage für den Traum, mühelos an einen größeren Geldbetrag zu kommen, noch schaffte sie einen Anreiz, höhere verlorene Geldbeträge zurückgewinnen zu wollen. Es war ein durch und durch langweiliges Spiel, aber es führte eben nicht zur Sucht.

Ein großes Geschäft war damit freilich nicht zu machen. Dafür bedurfte es eines sehr anderen Spieles; eines Spieles, das stets den Eindruck erweckt, dass auch ein großer Gewinn möglich sei, damit Spieler zu langfristigem und kostenintensivem Spiel bereit sind.

Die Geschichte der deutschen Spielsysteme an GSG ist eine Geschichte, wie die gesetzlichen Regelungen von den GSG-Herstellern durch gerade noch erlaubte Spielelemente umgangen wurden, um doch noch ein großes Geschäft mit den Spielen machen zu können. Die erkennbare Absicht des Gesetzgebers, süchtig machende Spiele zu verhindern, wurde dabei geschäftstüchtig ignoriert1.33.

Tatsächlich entstanden dabei einige recht komplexe und interessante Spielsysteme, wie sie in anderen Ländern mit liberalerem Recht nicht entstehen konnten.



Handbuch für die Virtuelle Zockhalle von Elias Schwerdtfeger